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1. Handbuch der Israelitischen Geschichte von der Zeit des Bibel-Abschlusses bis zur Gegenwart - S. 131

1888 - Leipzig : Engel
- 131 - dem Verfasser der auch ins Deutsche übersetzten jüdischen Chronik „Zemach David“, dem Freunde Kepler’s und Tycho’s de Brahe, in Verbindung stand. Durch seinen ausführlichen Commentar zur Mischna, „Tosefot Jomtob“, der den meisten Mischna-Ausgaben beigedruckt ist, früh berühmt geworden, wurde Heller 1624 als Rabbiner nach Nikolsburg und noch in demselben Jahre nach Wien berufen, folgte aber schon 1627 einem Rufe nach Prag. Hier führte er den Vorsitz in der Commission, welche die bedeutende Kriegssteuer unter die Mitglieder der prager und der böhmischen Gemeinden zu repartiren hatte. So gewissenhaft er auch seines Amtes waltete, so wurde er doch von einigen Unzufriedenen bei dem Kaiser angeklagt und böswillig verleumdet. Der Kaiser liess ihn nach Wien bringen und ins Gefängniss werfen. Auf Verwenden einflussreicher Männer wurde er nach 40tägiger Haft in Freiheit gesetzt, aber mit 1000 Reichsgulden bestraft und seines Amtes für verlustig erklärt. Er ging nach Polen, wo neue Leiden ihn trafen, und starb in Krakau, 1654. Ausser einem grossen Commentar zu Ascheri’s Piske Halochot (Maadanne Jomtob), mehreren Bussliedern u. a. schrieb er seine Selbstbiographie (Megillat Eba), die auch ins Deutsche übersetzt ist. Nach Ferdinand’s Ii. Tod wendeten sich die Bürger Wiens an dessen Nachfolger Ferdinand Iii. (1637) mit der Bitte, die Juden zu vertreiben; er beachtete ihre Vorstellungen nicht, sondern nahm sich der Juden seines Reichs schützend an. Den böhmischen Juden ertheilte er wegen ihrer tapfern Verteidigung der prager Kleinseite gegen die Schweden eine Erweiterung ihrer Rechte (1648). Unter Kaiser Leopold I. erreichten die Wiener endlich ihr Ziel: am 28. Februar 1670 erschien ein kaiserlicher Befehl, dass sämmtliche Juden Oesterreich verlassen sollten. Alle Versuche diese Massregel rückgängig zu machen, waren erfolglos. Am 28. Juli 1670 war kein Jude mehr in Oesterreich. Das Judenquartier (am Werd) in Wien wurde Leopoldstadt genannt, auf den Platz der Synagoge wurde eine Kirche, die Leopoldikirche, erbaut. Mehrere wiener Juden zogen nach Berlin und legten den Grund zur Bildung der dortigen Gemeinde; der grösste Theil der wiener Exulanten liess sich in Mähren nieder. Schon nach wenigen Jahren kehrten Juden nach Wien zurück. Zu den ersten, welche in der Residenz wieder Aufenthalt nahmen, gehörte der gelehrte und reiche Samson Wertheimer, der Stammvater einer weitverzweigten Familie, und der Hoffactor Samuel Oppenheimer, ein Verwandter des reichen David Oppenheimer, der, erst Rabbiner in Nikolsburg, dann bis zu seinem Tode (1736) in Prag, der Besitzer einer von ihm angelegten reichhaltigen Bibliothek war, welche sich jetzt in Oxford befindet. Auch Joseph Süss Oppenheimer, der die treuen Dienste, welche er als Finanzmann dem leichtsinnigen Herzog Karl Alexander von Würtemberg geleistet, mit dem Tode bezahlen musste, war ihm verwandt. Einige Jahre später als die beiden Genannten kam Diego de Aguilar nach Wien. Ihnen bot sich bald Gelegenheit, bei der Kaiserin Maria Theresia, bei der sie in Gunst standen, für ihre Glaubensgenossen einzutreten. Die Kaiserin erliess nämlich am 18. December 1744 den Befehl, dass sämmtliche Juden aus Mähren und Böhmen ausgewiesen werden sollten. Die prager Juden, ca. 15000 Seelen, mussten auch wirklich

2. Handbuch der Israelitischen Geschichte von der Zeit des Bibel-Abschlusses bis zur Gegenwart - S. 97

1888 - Leipzig : Engel
— 97 — Sammlung der kaiserlichen Steuern beauftragt, von den Juden aber nie als Hochmeister anerkannt worden. Dem Kaiser Sigismund, der die Juden bei jeder Gelegenheit aussog, sie aber doch vor Verfolgungen schützte, folgte auf den Thron jener Albrecht ü., der als österreichischer Erzherzog die Juden seines Landes 1420 hatte ins Ge-fängniss werfen, und nachdem er einige Hundert auf einer Wiese bei Wien hatte verbrennen lassen (Nissan 1421), sie für immer aus Oesterreich verbannte. Unter denen, welche bei Wien den Märtyrertod erlitten, befand sich auch die Mutter des Israel Isserlein, der, ein Sohn des R. Petachia aus Marburg (Steiermark), neben Jakob Weil, Rabbiner in Nürnberg und Erfurt und Verfasser einer geschätzten Gutachtensammlung (st. 1430), als die bedeutendste rabbinische Autorität dieser Zeit galt. Er stand in Wiener-Neustadt einer Hochschule vor und fungirte auch als Vorbeter. Seine Gutachtensammlung „Terumat ha-Deschen“ und seine Bescheide wurden von Moses Isserles in den Noten zum Schulchan Aruch benutzt. Schüler Isserlein’s und Weil’s war Israel Bruna (aus Brünn), Rabbiner in Regensburg, von dem ebenfalls Gutachten vorhanden sind. Schwere Leiden brachte den deutschen Juden der fanatische Franziscaner-mönch Johann de Capistrano, welcher durch seine Predigten und Ermahnungen überall die Landesherren und Obrigkeiten gegen sie einzunehmen trachtete. Infolge seines Einflusses und einer Anklage wegen Hostienschändung wurden 1454 41 Juden in Breslau verbrannt und alle übrigen aus der Stadt verwiesen. Judenvertreibungen waren im 15. Jahrhundert an der Tagesordnung. So wurden sie vertrieben: 1424 aus Zürich und Freiburg im Breisgau, 1426 aus Köln, 1432 aus Sachsen, 1435 aus Speier, 1438 aus Mainz, 1439 aus Augsburg, 1450 aus Baiern, 1454 aus Brünn und Olmiitz, 1458 aus Erfurt, 1470 aus dem Erzstift Mainz, 1475 aus Bamberg, 1480 aus Glogau, 1489 aus Würzburg, 1490 aus Genf, 1492 aus Mecklenburg, 1493 aus Magdeburg, 1494 aus dem Thurgau, 1496 aus Steiermark, Kärnthen und Krain, 1498 aus Nürnberg und den würtem-bergischen Städten, 1499 aus Ulm. Am Schlüsse des 15. Jahrhunderts waren die Juden aus einem grossen Theile Deutschlands verbannt, sie zogen ruhelos von Ort zu Ort und fanden lange Zeit nirgends eine bleibende Stätte. § 5. Die Juden in England. In England, wo seit Wilhelm dem Eroberer sich viele Juden niedergelassen hatten, lebten sie in London und ändern grossen Städten in Ruhe und Wohlstand. Der erste und zweite Kreuzzug war für England ohne Bedeutung und daher auch für die Juden ohne Folgen. Erst der dritte Kreuzzug, in dem sich zum ersten male ein britischer König an die Spitze stellte, hatte für die Juden in England die traurigsten Folgen. Am Krönungstage des Königs Richard brach der Sturm los (3. September 1189). Indem man dem Volke vorgespiegelt hatte, dass die Juden Zauberer seien, duldete man nicht, dass sie der Krönung beiwohnten und die jüdischen Deputirten ihre Geschenke dem Könige überreichten. 7

3. Handbuch der Israelitischen Geschichte von der Zeit des Bibel-Abschlusses bis zur Gegenwart - S. 102

1888 - Leipzig : Engel
- 102 — in die Kabbala eingeführt, ein so begeisteter Anhänger der Geheimlehre wurde, dass er einige kabbalistische Schriften aus dem Hebräischen ins Lateinische übersetzte und selbst den Papst Sixtus Iv. für die Kabbala gewann. Del Medigo hatte einen Federkrieg mit dem aus Deutschland eingewanderten Juda Menz, der als Rabbiner von Padua, 1508, über 100 Jahre alt, starb und der wie sein Sohn und Nachfolger Abraham Menz als rabbinische Autorität anerkannt war. Del Medigo starb in Kandia 1498, nicht älter als 35 Jahre. Ehe das 15. Jahrhundert zu Ende ging, hatten auch die Juden Italiens, welche so lange eine geachtete Stellung eingenommen, durch die aufwiegelnden Reden fanatischer Geistlichen, besonders des Bernandin de Peltre zu leiden. Zu seinem Andenken beschloss man in Pavia (1494) die Juden nicht ferner zu dulden. § 7. Die Juden in Ungarn und den osteuropäischen Ländern. Weniger schroff und feindlich als im Westen war das Verhältniss der Nationen zu den Juden in den Staaten des östlichen Europa, in Ungarn, Polen und dem südlichen Russland. Je später das Christenthum in diesen Ländern Eingang fand und je weniger es der Hierarchie gelang, hier Triumphe zu feiern, desto günstiger war auch die sociale Stellung der Juden. In Ungarn, wo sie schon zu Anfang des 11. Jahrhunderts wohnten, hatten sie Grundbesitz, waren Münz- und Steuerpächter, verwalteten königliche Aemter und waren überhaupt den übrigen Bewohnern des Landes ganz gleichgestellt. Sowol zur Zeit der Kreuzzüge als unter den Königen, welche nach Koloman regierten, hatten sich Ungarns jüdische Einwohner ungestörter Ruhe und Sicherheit zu erfreuen. Unter der Regierung Andreas’ H. machte sich der päpstliche Einfluss auch hier geltend. Die judenfeindlichen Beschlüsse des grossen Lateran-Concils waren in Ungarn nicht zur Ausführung gekommen; erst Papst Gregor Ix. liess Andreas durch den Erzbischof Robert von Gran unter Anwendung des Bannes zwingen, Juden oder Sarazenen nicht ferner über Münzen, Salzwerke und andere öffentliche Aemter zu setzen, ihnen den Handel mit christlichen Sklaven und die Mischehen zu verbieten und sie durch Abzeichen von den Christen zu scheiden (1233). Man kümmerte sich jedoch nicht lange um den päpstlichen Eifer. Schon Bela Iv., Andreas’ Sohn und Nachfolger, stellte, durch die Nothwendigkeit getrieben, wieder jüdische Pächter an, und als Belohnung für die treuen Dienste, welche sie ihm leisteten, gab er den Juden seines Landes 1251 ein Grundgesetz, das sie in ihren Wohnrechten nicht beschränkte und vor Willkür der Geistlichkeit schützte. Dieser Freibrief, welchen selbst die Bestimmungen der zu Ofen 1279 abgehaltenen grossen Kirchenversammlung nicht ausser Kraft zu setzen vermochten, hatte den ungarischen Juden auf ein Jahrhundert ein ruhiges Dasein gesichert; so lange die Könige aus dem Hause Arpad regierten, hatten sie keinerlei Bedrückung, geschweige Verfolgung zu erdulden. Erst der italienische Fürst, der König Ludwig der Grosse, ahmte dem damals von ganz Europa gegebenen Beispiele der Judenverfolgung nach. In seinem Bekehrungseifer bot er den Juden das ungarische Bürgerrecht für die

4. Handbuch der Israelitischen Geschichte von der Zeit des Bibel-Abschlusses bis zur Gegenwart - S. 142

1888 - Leipzig : Engel
— 142 — Juden die vollständige bürgerliche Gleichstellung (12. September 1796). Diese Erungenschaft führte aber zu Zerwürfnissen zwischen den strenggläubigen und den der freiem Richtung huldigenden Juden, sodass diese eine Gesellschaft, „Adath Jeschurun“, bildeten, die sich die Regelung und Hebung des Gottesdienstes, die Abschaffung eingewurzelter Misbräuche und die Beförderung des Handwerks unter den Juden zur Aufgabe stellte. Der Verein konnte keine durchgreifende Thätigkeit entwickeln und löste sich bald wieder auf. Die ersten jüdischen Beamten in Europa kamen in Holland vor. "Wie in Frankreich und Holland sind auch in Belgien die Juden völlig emancipirt. Ein Jude, Godefroi, war Minister und an der brüsseler Universität lehren mehrere Professoren jüdischen Bekenntnisses, wie Oulif Jurisprudenz, Gluge Medicin, M. Philippson Geschichte, Männer, deren Namen auch ausserhalb Belgiens wolbekannt sind. § 4. Die politische Gleichstellung der Juden, a) Die österreichischen Staaten, Ungarn, Italien. Der erste österreichische Regent, der den Juden eine bessere Stellung in der Gesellschaft einräumte, war Kaiser Joseph ü. Er hob den Leibzoll auf, erliess 1782 ein Toleranz-Edict, das die unterscheidenden Merkmale bezüglich der Trachten beseitigte, ihnen gestattete, Fabriken zu errichten, Grosshändler zu werden, ihre Kinder öffentliche Schulen besuchen zu lassen, christliche Dienstboten zu halten, es ihnen aber auch zur Pflicht machte, Militairdienst zu leisten, bestimmte Namen zu führen und sich in öffentlichen Verträgen der deutschen Sprache zu bedienen. Trotz dieses Edictes, das den Dichter Klopstock zu einer den Kaiser verherrlichenden Ode begeisterte, blieb die Lage der österreichischen Juden noch immer eine drückende, sie waren in ihren Wohnrechten beschränkt und als „Tolerirte“ bezeichnet. In Mähren und Böhmen, wo ihnen die Städte, wie Brünn, Znaim, Olmütz, Leitmeritz, Karlsbad, Budweis, Saatz u. a. m. ver- sperrt waren, mussten sie in besondern Judengassen wohnen und hohe Steuern zahlen. Ausser den Judensteuern, Toleranzsteuern u. dgl. war das Fleisch, das sie assen, der Wein, den sie tranken, in Galizien selbst das Licht, das sie zur Feier der Sabbat- und Festtage anzündeten, mit drückenden Steuern belegt. Die Märztage des Jahres 1848 brachten den Juden der österreichischen Kronländer mit einem mal, um was sie unter Kaiser Franz und Ferdinand so oft gebettelt hatten:- die Verfassung vom 4. März 1849 sprach die Gleichberechtigung aller Confessionen aus, und durch das Staatsgrundgesetz vom 21. December 1867 wurden die Juden vollständig emancipirt. Seit dieser Zeit erblickt man im österreichischen Kaiserstaat in dem Juden nur den Bürger. Juden bekleiden im Staats- und Militairdienste hohe Stellen und mehrere, wie M. Büdinger, haben an den Universitäten odentliche Professuren inne. Die Eechtsverhältnisse der Juden in Ungarn, welche lange dieselben wie in Oesterreich waren, erfuhren bereits 1790 einige Verbesserungen, indem es ihnen gestattet wurde, Handel und Handwerk zu betreiben, Häuser zu kaufen u. a. m.;

5. Handbuch der Israelitischen Geschichte von der Zeit des Bibel-Abschlusses bis zur Gegenwart - S. 132

1888 - Leipzig : Engel
— 132 — die Stadt verlassen. Auf Verwendung der genannten wiener Juden und der Gesandten von England und Holland nahm die Kaiserin ihr Edict zurück, hingegen bestimmte sie die Zahl der jüdischen Familien, welche in Böhmen (20000) und in Mähren (5100) ferner als „Familianten“ geduldet werden sollten. Die Verhältnisse der Juden in Ungarn hingen im 16. und 17. Jahrhundert nur zum Theil von den habsburgischen Kaisern ab. Die Juden in den ungarischen Landestheilen, welche unter österreichischer Herrschaft standen, wurden wie ihre Glaubensgenossen in Oesterreich, Böhmen und Mähren hart bedrückt und verfolgt, hingegen hatten die unter türkischer Herrschaft, in Ofen, Stuhlweissenburg, Gran, Grosswardein, Temesvar und anderen Städten glückliche Zeiten: sie genossen freie Religionsübung, waren in ihrem Erwerb durch keine Ausnahmsgesetze beschränkt und verkehrten freundschaftlich mit den Türken. Es ist daher begreiflich, dass die Juden in den häufigen Kriegen zwischen der Pforte und Oesterreich entschieden auf Seite der Türken standen. Als die Oesterreicher 1681 Ofen belagerten, vertheidigten es die Juden so tapfer, dass die Rettung der Stadt ihnen zugeschrieben wurde und Sultan Mohammed Iv. als Anerkennung ihrer Leistungen ihnen Steuerfreiheit und besondere Privilegien ertheilte. Fünf Jahre später fand man die Juden wieder auf den Wällen Ofens. Nach der Erstürmung der Festung nahm der Feind blutige Rache an ihnen: Hunderte von Juden wurden theils niedergemetzelt oder in die Donau gesprengt, theils in Gefangenschaft geschleppt. Bei der Einnahme Ofens ist dem Tode glücklich entronnen: Zewi Aschkenasi (Chacham Zewi), dessen Grossvater Ephraim Kohen, Verfasser der Rechtsgutachten „Schaare Ephraim“, aus Wilna, 12 Jahre in Ofen Rabbiner war. Er lebte als Rabbiner in Serajevo, Hamburg, Lemberg und Amsterdam, wo er 1718 starb; seine Rechtsgutachten sind sehr geschätzt. Unter österreichischer Herrschaft lasteten auf den Juden in Ungarn schwere Steuern, deren Repartition oft zu Streitigkeiten in den Gemeinden führte. Infolge der Einwanderung der aus Wien Vertriebenen bildeten sich in den ödenburger, zalaer und eisenburger Comitaten neue Gemeinden (schewa Kehillot), deren bedeutendster Rabbiner Meir Eisenstadt (st. 1744), der Verfasser der Rechtsgutachten „Panim Me'irot“, war. § 13. Die Juden in Preussen und die christlichen Gelehrten. Im Kurfürstenthum Brandenburg, wo seit der Vertreibung von 1573 Juden nicht wohnen durften, gestattete der grosse Kurfürst, der sie in den durch den Westphälischen Frieden ihm zugefallenen Landestheilen, in Halberstadt, Cleve u. a. geduldet, sogar den Elia Gomperz aus Emmerich zu seinem Hofjuden und Agenten ernannt hatte, 50 Familien der aus Wien Vertriebenen den Aufenthalt in den Städten der Mark, freilich unter harten Bedingungen und nur auf 20 Jahre; er war auch der erste deutsche Fürst, der den Juden den Besuch der Universität Frankfurt erlaubte, und der erste Jude, der von dieser Er-laubniss Gebrauch machte, war Tobia Kohen (geb. 1652), der in Padua seine Studien beendete und ein philosophisch-medicinisches Buch „Maasse Tobia“ schrieb.

6. Handbuch der Israelitischen Geschichte von der Zeit des Bibel-Abschlusses bis zur Gegenwart - S. 143

1888 - Leipzig : Engel
— 143 — after auch hier durften sie nicht überall wohnen; in den Bergstädten, in Kroatien, Slavonien und Dalmatien war ihnen die Niederlassung untersagt. Seit 1807 pe-titionirten sie mehrfach beim ungarischen Reichstag um Erweiterung ihrer bürgerlichen Rechte, aber meistens vergeblich; ebenso hatten sie sich im Jahre 1848 in ihren Erwartungen getäuscht: Kossuth war kein Gegner, aber auch kein Freund der Juden-Emancipation, und die revolutionäre National-Versammlung wollte für die Gleichstellung der Juden nicht eintreten. Nachdem die Revolution, in der auch die Juden ihre Liebe zum Vaterland thatsächlich bewiesen und Gut und Blut für die Freiheit geopfert haben, niedergeworfen worden war, wurde ihnen von dem Feldmarschall Haynau eine bedeutende Kriegscontribution auf erlegt; sie wurde auch repartirt und aufgebracht, nach einigen Jahren aber als „Schul« fond“ zu jüdischen Schulzwecken vom Könige bestimmt. Im Jahre 1867 erfolgte auch für die ungarischen Juden die Gleichstellung; im darauf folgenden Jahre berief der damalige Kultusminister, der edle Baron Joseph von Eötvös, der schon 1841 in einer besondern Schrift mit vieler Wärme für die Emancipation eingetreten war, zur Organisirung ihrer confessionellen und Schulangelegen-heiten aus den Vertretern der jüdischen Gemeinden Ungarns und Siebenbürgens einen „Congress“, der aber statt der beabsichtigten Einheit Hader und Zwietracht in die Gemeinden brachte. Seit 1870 giebt es in Ungarn zwei scharf gesonderte, vom Staate auch anerkannte Parteien: die Congresspartei und die autonome orthodoxe, welche letztere der Cultur und Bildung feindlich entgegentritt. Aus den Mitteln des israel. Schulfonds wird eine königliche israel. Landeslehrer-Präparandie erhalten und wurde trotz des Widerspruchs der Orthodoxen im Jahre 1877 eine „Landes-Rabbinerschule“ errichtet. Beide Anstalten haben ihren Sitz in Budapest. Die Juden im Lombardisch-Venetianischen und in Illyrien hatten während der kurzen Fremdlierrscliaft alle Freiheiten französischer Bürger, seit dem Eintritt der österreichischen Regierung wurden sie aber in ihren Rechten wieder beschränkt. Sie bereiteten wol 1808 einen gemeinsamen Schritt zur Wahrung ihrer Rechte beim Congress zu Aachen vor, derselbe kam aber nicht zur Ausführung. Sie hatten indess die Freiheit der Gewerbe und des Grundbesitzes, blieben jedoch von der Pharmacie, vom Notariat und von öffentlichen Anstellungen ausgeschlossen. Als die Lombardei und Venedig unter italienische Herrschaft gelangten, wurden die Juden dieser Länder sowie ihre Glaubensgenossen im Königreich Italien ihren christlichen Mitbürgern gleichgestellt. Nirgends schneller als in Italien ward die Emancipation eine vollendete That-sache; mehrere Juden bekleiden hohe Stellungen im Staat (Artom, Mauro-gonato, Luigi Luzzatti u. A.) und zeichnen sich durch Gewandtheit und Aufopferung aus. b) Preussen und die deutschen Staaten. Nächst Oesterreich war es Preussen, dessen Regierung die Aufmerksam* keit auf die Verbesserung der Lage der Juden richtete. Friedrich der Grosse hatte 1750 ein „Judenreglement“ erlassen, das den Grundsatz aufstellte, die Zahl

7. Handbuch der Israelitischen Geschichte von der Zeit des Bibel-Abschlusses bis zur Gegenwart - S. 112

1888 - Leipzig : Engel
- 112 - für geboten, gegen das immer mehr um sich greifende Treiben Sabbatai’s einzuschreiten: er wurde, vielleicht auf Anstiften einiger Juden in Konstantinopel, vor die höchsten türkischen Behörden geladen. Nachdem er seinen Getreuen Kronen verliehen und sie zu Fürsten und Königen aller möglichen Länder erhoben hatte, schiffte er sich (1666) nach Konstantinopel ein; kaum gelandet, wurde er verhaftet, in Ketten geschlagen und nach zweimonatlichem Gefängniss in der türkischen Hauptstadt nach dem Dardanellenschloss Abydos abgeführt, wo man ihn mit aller Schonung behandelte. Diese Gefangenschaft, in der er sich mit einem förmlichen Hofstaat umgab, trug nur dazu bei, seinen Anhang zu vermehren; man hielt seine Erhaltung für ein Wunder und behauptete, der Sultan habe keine Macht ihn zu tödten. Aus allen Ländern und Erdtheilen strömten Scharen von Gläubigen zu ihm, dem leidenden Messias, welche ihm bedeutende Geldgeschenke überbrachten, in den Synagogen wurden Gebete für ihn verrichtet. Schon rüsteten sich viele Juden in Ungarn und ändern Staaten zur Rückkehr nach Palästina; da wurde dem jahrelang getriebenen Schwindel plötzlich ein Ende gemacht. Sabbatai empfing nämlich den Besuch eines polnischen Juden, Namens Nehemia Kohen. Aus einer mehrtägigen Unterredung mit ihm gewann Nehemia die Ueberzeugung, dass er 83 mit einem Schwindler zu thun habe; er reiste nach Adrianopel, verrieth dem Staatsminister Mustapha die hochver-rätherischen Pläne Sabbatai’s, worauf Sultan Mohammed Iv. ihn nach Adrianopel bringen liess. Um dem Tode zu entgehen, nahm er auf Rath des Leibarztes Mohammed’s, eines ehemaligen Glaubensgenossen, den Islam an. Viele seiner Anhänger folgten seinem Beispiele. Sabbatai erhielt den Namen Mohammed Effendi und das Amt eines Thürhüters; seine Frau Sara bekannte sich ebenfalls zum Islam. Später verkehrte Sabbatai wieder mit Juden, predigte sogar in den Synagogen zu Adrianopel, den Türken vorspiegelnd, dass er die Juden zum Islam bekehren wolle; zuletzt wurde er nach Albanien verbannt, wo er 1676 starb. Trotz des Abfalls Sabbatai’s vom Judenthum und trotz des Bannes, welchen die Rabbiner im Orient gegen die Messiasgläubigen erliessen, hörte der Glaube an ihn nicht auf. Nathan aus Gaza setzte seine Schwindeleien in Italien und der Türkei fort, bis er in Sophia aus dem Leben schied (1680). Sein Jünger Mordechai aus Eisenstadt gab sich als Prophet aus und gewann durch seine eifrigen Busspredigten in Ungarn, Mähren und Böhmen, auch später in Polen Anhänger für die sabbatianische Lehre; er starb im Wahnsinn. Durch Schwärmer und Betrüger wie Abraham Michael Cardoso, Nehemia Chajon, Löbele Prossnitz u. A. gewann die Lehre immer neue Anhänger. Die „Sabbatianer“ oder „Schäbsen“, wie die Sekte genannt wurde, erhielten sich bis zu Anfang des 19. Jahrhunderts und führten zu vielen Streitigkeiten und Kämpfen in den jüdischen Gemeinden. Aus der Sekte der Sabbatianer bildeten sich die „Frankisten“, welche den Talmud verwarfen, den Sohar für die eigentliche Bibel erklärten und die Kabbala mit dem Christenthum fast auf gleiche Weise zu verbinden suchten, wie Sabbatai Zewi sie mit dem Islam verschmelzen wollte. Der Stifter dieser Sekte ist
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